AdA - Stellungnahme zum Beschluss des Innovationsausschusses zum „ATP Arztnetze“-Projekt
GBA sieht positive Tendenzen im Bereich der Präventions- und Koordinationsqualität in Netzen
Am 20. September 2023 hat der GBA den Beschluss zum Innovationsfondsprojekt „ATP Arztnetze“ - Arbeitsteilung und Performance empirischer und organisierter Netzwerke im ambulanten Sektor in Deutschland) – veröffentlicht, der zusammen mit dem Ergebnisbericht hier einsehbar ist.
Positiv aus Sicht der ADA ist hervorzuheben, dass sich in einer groß angelegten Studie "bei den Patientinnen und Patienten in Arztnetzen positive Tendenzen im Bereich der Präventions- und Koordinationsqualität [zeigen]." Die offensichtlichen Brüche zwischen den Sektoren zu überwinden und damit die Regelversorgung zu verbessern, ist ein Kernanliegen aller Arzt-, Praxis- und Gesundheitsnetze in Deutschland. Diese Fähigkeit sollte zukünftig noch mehr genutzt werden!
Dass der primäre Outcome, Vermeidung ambulant sensitiver Krankenhausfälle und -Notfälle nicht erreicht werden konnte, erklärt sich auch dadurch, dass – eigenen Feststellungen zufolge – 70-80% dieser Fälle Selbsteinweisungen oder Einweisungen durch Bereitschafts- und Notärzt:innen sind und somit der Einfluss durch Praxisärzt:innen hierauf nicht in wünschenswertem Umfang gegeben ist. Vor dieser Herausforderung stehen insbesondere Netze in mittel- und großstädtischen Regionen mit ihrem großen Angebot klinischer Strukturen und damit einhergehend dem niedrigschwelligen Zugang betroffener Patient:innen. Zudem gilt es zu berücksichtigen, dass das Thema Ambulant-sensitive Krankenhausfälle (ASK) durch Netze und beteiligte Vertragspartner erst in jüngster Vergangenheit in den Blick genommen wurde. Zum Zeitpunkt der Datenerhebung in den Jahren 2016-2018 war dies kein Schwerpunkt der Netzarbeit.
Zur Kostenseite stellt die GBA-Stellungnahme weiter fest: "Hier zeigten sich nur für den Bereich der ambulanten Kosten signifikante Unterschiede, in Arztnetzen fielen die Kosten dabei höher aus“ und beschreibt weiter „Die Raten im Bereich der Polymedikation (fünf und mehr Medikamente) bei Patientinnen und Patienten in Arztnetzen“ ist höher.
Im Vergleich höhere Kosten sprechen aus Sicht der ADA nicht für eine schlechtere Versorgung, ganz im Gegenteil gehen sie zwangläufig mit einer besseren, leitliniengerechteren Behandlung mit – wie in der Studie gezeigt – besserem Facharztzugang einher. Auch Polymedikation ist nicht per se negativ zu sehen, stattdessen als individuelle ärztliche Abwägung zwischen leitliniengerechter Versorgung multimorbider Patient:innen und möglicher Interaktionen. Arzt-, Praxis- und Gesundheitsnetze sind durch ihre intensive Qualitätszirkelarbeit, Fallkonferenzen und Fortbildungen sowie haus- und fachärztlicher Abstimmung hierbei typischerweise ein Treiber aktueller evidenzbasierter Therapiestandards für die Patient:innen.
Letzteres unterstreicht auch die Aussage „die Inanspruchnahme der fachärztlichen Versorgung sind im Vergleich zur Regelversorgung […] höher." Auch dies ist aus unserer Sicht positiv zu bewerten. EBM-Anreize wie der Hausarztvermittlungsfall Anfang 2023 wurden organisatorisch in vielen Netzen bereits seit Jahren durch ein abgestimmtes Terminmanagement und damit indikationsbedingt schnellerem Zugang zu Fachärzten regional gelöst.
Arztnetze sind sehr heterogen, umso mehr als auch ca. 20% nicht anerkannte Netze in die Untersuchung eingegangen sind. Heterogenität ist sinnvoll, sollen doch regionale Versorgungsbedürfnisse in den Fokus genommen werden.
Richtigerweise wird in der Studie die Effektivität von datengestützten Qualitätszirkeln anerkannt und deren Ausweitung gefordert. Auch wir plädieren dafür, Qualität möglichst umfassend aus den drei Blickwinkeln Strukturqualität, Prozessqualität und Ergebnisqualität regional zu betrachten und hierzu für den ambulanten Bereich vergleichbare Kennzahlen weiterzuentwickeln. Beispielsweise sind Netz-Qualitätskennzahlen mit bundesweiten Benchmarks bei 51 Arztnetzen im Rahmen des AOK-QuATRo-Projekts kassenspezifisch etabliert. Die Ergebnisse QuATRo-Projekts zeigen in den letzten Jahren eine deutliche Verbesserung der Ergebnisse und in vielen Bereichen eine qualitativ höherwertige Versorgung im Vergleich zur Regelversorgung.
Abschließend bleibt anzumerken, dass es bedauerlich ist, dass im Design und Evaluation der projektbegleitenden Studie der Sachverstand der Netze nicht stärker eingebunden wurde, mit der noch deutlichere Aussagen hätten erhoben werden können.
Die Arzt-, Praxis- und Gesundheitsnetze begrüßen und plädieren ausdrücklich dafür, dass die Netzarbeit auch in Zukunft wissenschaftlich begleitet wird und stehen dafür gerne zur Verfügung.