Kooperation mit Krankenhäusern


Durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG) ist die Grenze zwischen den Sektoren (ambulant, stationär) durchlässiger geworden. Dies räumt sowohl den Kliniken als auch den Vertragsärzten mehr Raum bei der Patientenversorgung ein. Zur Optimierung von Behandlungsabläufen bietet sich die Zusammenarbeit von niedergelassenen Ärzten und Krankenhäusern an. Folgende Kooperationsformen sind derzeit möglich:


Belegarzt

Das Belegarztsystem ist die älteste Kooperationsform zwischen stationärem Sektor und Vertragsarzt. Ein Belegarzt ist ein Vertragsarzt, der zusätzlich die Möglichkeit hat, seine bzw. ihm zugewiesene Patienten stationär zu behandeln. Dafür steht ihm eine bestimmte Anzahl von Krankenhausbetten zur Verfügung. Er ist verpflichtet, die medizinische Versorgung seiner Patienten Tag und Nacht sicherzustellen.

Belegärzte sind nicht beim Krankenhaus angestellt, sondern schließen als Freiberufler mit dem Krankenhaus einen Belegarztvertrag und mit dem Patienten einen Vertrag über die ärztliche Behandlung ab. Über die Zulassung als Belegarzt entscheidet die zuständige KV in Rücksprache mit den Krankenkassen. Dafür muss der Arzt bestimmte Voraussetzungen erfüllen, u.a. muss er als Vertragsarzt zugelassen sein, darf seine ärztliche Tätigkeit nicht auf die stationäre Tätigkeit fokussieren und muss in der Nähe der Belegklinik leben und praktizieren. Überdies müssen in dem betreffenden Krankenhaus Belegbetten vorhanden und ausgewiesen sein.

Der Belegarzt erhält sein Honorar über die Kassenärztliche Vereinigung, da es sich um eine spezielle Form der vertragsärztlichen Versorgung handelt. Die KV trägt nur die Kosten für die ärztlichen Leistungen. Unterkunft, Pflege und Verpflegung des Patienten rechnet das Krankenhaus mit den Kostenträgern als belegärztliche DRGs ab. Seit 1. April 2007 erfolgt die Vergütung extrabudgetär. Dazu wurde ein neues Kapitel im EBM gestaltet.

Der Belegarzt hat an Qualitätssicherungsmaßnahmen des Krankenhauses teilzunehmen und hat gegenüber dem Patienten und dem Krankenhaus eine Dokumentationspflicht. Um in die Abläufe der Klinik eingebunden zu sein, sollte der Belegarzt Besprechungen mit Abteilungsärzten beiwohnen und Absprachen mit anderen Belegärzten treffen.

Pro:

  • Erweiterung des Leistungsspektrums
  • geringer Beratungsbedarf vor Aufnahme der Tätigkeit

Contra:

  • Keine flexiblere Arbeitszeitgestaltung
  • Geringer Freiheitsgrad
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Praxis am Krankenhaus

Unter diesem Begriff ist die Ansielung einer Praxis im bzw. in unmittelbarer Nähe zum Krankenhaus zu verstehen. Die Räumlichkeiten des Krankenhauses müssen dabei jedoch strikt von den Praxisräumen getrennt sein. Die Kooperation findet nicht im Bereich der Patientenversorgung statt, sondern hat organisatorische Gründe. Ziel sind kurze Wege sowohl für Patienten als auch für Ärzte. Letztere profitieren von dieser Lösung vor allem, wenn sie Einrichtungen des Krankenhauses nutzen oder als Belegärzte tätig sind.

Eine Praxis am Krankenhaus ermöglicht beiden Kooperationspartnern die gemeinsame Nutzung vorhandener Strukturen und damit eine bessere Auslastung. So können niedergelassene Chirurgen beispielsweise die Operationssäle der Klinik mitnutzen und somit die Kosten für die Anschaffung teurer Geräte einsparen. Zudem benötigen sie weniger Praxisfläche. Die Krankenhäuser erhalten im Gegenzug ein Nutzungsentgelt. Ferner profitieren Vertragsärzte häufig von den Organisationsstrukturen der Klinik und können Einrichtungen wie Wäschereien mitbenutzen oder sich Vorteile wie günstige Einkaufskonditionen sichern.

Für die reine Raumnutzung schließen Krankenhaus und Vertragsarzt einen ganz gewöhnlichen Mietvertrag ab. Die gemeinsame Nutzung von Geräten, Material oder Praxispersonal sollte unbedingt klar vertraglich geregelt werden. Gleiches gilt für die Behandlung stationärer Patienten in der ambulanten Praxis.

Ein Vertragsarzt mit Praxis am oder im Krankenhaus benötigt wie jeder andere niedergelassene Arzt eine Zulassung. Eine besondere Genehmigung darüber hinaus ist bei dieser Kooperationsform nicht nötig. Will ein bereits niedergelassener Arzt seine Praxis an ein Krankenhaus verlegen, muss dies allerdings rechtzeitig beim Zulassungsausschuss beantragt werden. Dieses Verfahren ist normalerweise unproblematisch, solange am bisherigen Praxisort keine Unterversorgung entsteht. Sollte dies allerdings eintreten, kann der Zulassungsausschuss die Verlegung ablehnen.

Hinsichtlich der Vergütung wird eine Vertragsarztpraxis am Krankenhaus ebenso behandelt wie eine Einzelpraxis. Erbringt der Arzt darüber hinaus aber auch Leistungen für das Krankenhaus, werden diese über das Budget für die stationäre Versorgung abgerechnet. Die strikte Trennung der Sektoren bleibt im Bereich der Abrechnungen also bestehen.    

Derzeit befinden sich überwiegend fachärztliche Praxen an Krankenhäusern.

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Konsiliararzt

Ein Konsiliararzt kann intern oder extern für ein Krankenhaus tätig werden. Er kann vom behandelnden Arzt hinzugezogen werden, wenn dieser eine Zweitmeinung zur Überprüfung von Diagnostik und Therapie wünscht. Überdies kann die konsiliarärztliche Tätigkeit auch die Mitbehandlung eines Patienten vor, während und nach dem Klinikaufenthalt umfassen. Konsiliarärzte werden häufig hinzugezogen, wenn sie Fachgebieten angehören, die nicht oder nicht mit der entsprechenden Spezialisierung im Krankenhaus vertreten sind. Grundsätzlich ist der Konsiliararzt kein Angestellter des Krankenhauses und somit weisungsfrei. Er kann aber die Räumlichkeiten, das Personal und die Einrichtungen des Krankenhauses in Anspruch nehmen. Im Gegensatz zum Belegarzt schließt er keine Behandlungsverträge direkt mit den Patienten ab.

Niedergelassene Ärzte können mit Krankenhäusern Dienstverträge über konsiliarärztliche Leistungen schließen. Sie stehen damit weder in einem Angestellten- noch in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis zum Krankenhaus. KBV, Bundesärztekammer und die Deutsche Krankenhausgesellschaft haben entsprechende Musterverträge entwickelt. Die Vergütung für konsiliarärztliche Leistungen ist leistungsabhängig und wird dem Krankenhaus vom Konsiliararzt in Rechnung gestellt. Grundlage ist die GOÄ.

Darüber hinaus ist es möglich, dass die Kassenärztliche Vereinigung mit dem Krankenhaus einen Rahmenvertrag über die konsiliarische Versorgung abschließt. Per Ausschreibung wählt die KV anschließend Vertragsärzte für diese Tätigkeit aus. Diese treten schließlich über den Rahmenvertrag in Einzelverträge mit dem Krankenhaus ein. In diesem Fall erfolgt die Abrechnung zwischen Krankenhaus und KV. Letztere leitet die vertraglich geregelten Vergütungen an den Konsiliararzt weiter.  

Es wird empfohlen, bei Vertragsabschluss die Haftungsfrage zu klären und den zeitlichen und inhaltlichen Verantwortungsbereich zu definieren. Hat das Krankenhaus keine Haftpflichtversicherung für alle ärztlichen Tätigkeiten im dienstlichen Aufgabenbereich abgeschlossen, muss sich der Konsiliararzt selbst gegen Schadenersatzansprüche versichern.

Konsiliarärzte müssen als Vertragsärzte zugelassen sein. Sie dürfen ihre konsiliarärztliche Tätigkeit am Krankenhaus maximal 13 Stunden pro Woche ausüben.

Pro:

  • geringer Beratungsbedarf vor Aufnahme der Tätigkeit
  • intensiver interkollegialer Austausch

Contra:

  • keine Kostenersparnis
  • keine Erweiterung des Leistungsspektrums
  • keine Vorteile hinsichtlich der Zukunftssicherung
  • Keine flexiblere Arbeitszeitgestaltung
  • geringer Freiheitsgrad
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Übernahme vor- und nachstationärer Leistungen durch den Vertragsarzt

Die vor- und nachstationäre Behandlung ist weder als ambulante Versorgung im Krankenhaus noch als stationäre Versorgung einzustufen, sondern stellt eine eigenständige Behandlungsform dar. Grundsätzlich werden diese Leistungen vom Krankenhaus erbracht, sie können jedoch auch an Vertragsärzte delegiert werden. Seit Einführung des Fallpauschalensystems und der Regelungen für das ambulante Operieren haben Krankenhäuser ein verstärktes Interesse daran, vor- und nachstationäre Leistungen in den ambulanten Sektor zu verlagern. Durch die gesicherte ambulante Nachsorge können Liegezeiten verkürzt und Wiedereinweisungen vermieden werden. Zudem bietet sich eine solche Arbeitsteilung an, wenn Patienten nicht in der Nähe des Krankenhauses wohnen. Wichtig ist in jedem Fall eine enge Absprache zwischen Klinik und Vertragsarzt, um eine qualitätsgesicherte Vor- und Nachsorge zu gewährleisten.

Alle Leistungen, die der Vertragsarzt für das Krankenhaus erbringt, müssen vom Krankenhaus vergütet werden. Ist dies nicht der Fall, kann der Arzt den Patienten an die Klinik zurückweisen. Es ist ratsam, die vereinbarten vor- und nachstationären Leistungen sowie die Vergütung in einem Einzelvertrag mit dem Krankenhaus festzuhalten. Entsprechende Musterverträge halten die KVen bereit. Zudem sollte der nachbehandelnde Arzt nach der Entlassung des Patienten einen Arztbrief mit allen relevanten Informationen erhalten.

Übernimmt ein Vertragsarzt Teile des Versorgungsauftrages des Krankenhauses, so ist die Vergütung mit dem Krankenhaus auszuhandeln. Empfehlenswert sind nach Diagnosen differenzierte Pauschalen je Behandlungsfall. Diese haben den Vorteil, dass die Einnahmen vorab genau kalkuliert werden können. Überdies entfällt – trotz differenzierter Leistungserbringung – eine detaillierte Rechnungslegung. Die Pauschalen werden über die DRGs finanziert, die das Krankenhaus erhält. Unter Umständen sind Zuschläge, z.B. für Laborleistungen, möglich. Vertragsärzte dürfen sich die Einweisung in ein Krankenhaus nicht vergüten lassen (Verbot von Zuweiserpauschalen). Allerdings können Leistungen, die auf Wunsch des Krankenhauses nach der Einweisung erbracht werden, extrabudgetär vergütet werden. Ambulant tätige Vertragsärzte, die anstelle von Krankenhäusern die Nachsorge übernehmen, müssen die Kostenübernahme mit dem Krankenhaus abklären. Dabei ist darauf zu achten, dass keine Doppelabrechnung erfolgt, die Leistung also nur außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung vergütet wird.  

Die vor- und nachstationäre Versorgung durch den Vertragsarzt wird durch einen Einzelvertrag mit dem Krankenhaus geregelt. Die Zustimmung der KV ist nicht notwendig.

Pro:

  • geringer Beratungsbedarf vor Aufnahme der Tätigkeit

Contra:

  • keine Kostenersparnis
  • keine Erweiterung des Leistungsspektrums
  • Keine flexiblere Arbeitszeitgestaltung
  • Keine besonderen medizinischen Gestaltungsmöglichkeiten
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Anlaufpraxis

Anlaufpraxen werden üblicherweise von mehreren Ärzten, einem Ärztenetz oder der KV organisiert. Sie werden vertragsärztlich geführt und befinden sich oftmals im Krankenhaus. In einer Anlaufpraxis werden außerhalb der üblichen Sprechstundenzeiten Notfälle behandelt. Vertragsärztliche Notfälle entscheiden sich eindeutig vom Rettungsdienst. Sie beziehen sich auf die Erstversorgung im Rahmen der gebotenen Sofortmaßnahmen. Die Behandlung wird in der Regel am nächsten vom Haus- oder niedergelassenen Facharzt fortgeführt. Anlaufpraxen sind auch unter den Begriffen Notfallpraxen, Bereitschaftsambulanz oder Notfallambulanz bekannt.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Anlaufpraxen zu betreiben. Der Standort im Krankenhaus hat viele Vorteile. Zum einen werden hier die Patientenströme gebündelt, da sich Patienten im Notfall bevorzugt an ein Krankenhaus wenden. Zum anderen wird die Notfallambulanz eines Krankenhauses entlastet, wenn leichtere Fälle in der Anlaufpraxis behandelt werden können. Auch Doppeluntersuchungen und stationäre Einweisungen können so minimiert werden.

Das Modell der alternierenden Anlaufpraxis wurde in vielen Praxisnetzen etabliert. Hier übernehmen die Praxen reihum die Funktion der Anlaufpraxis. Der Nachteil dieser Variante besteht darin, dass es keinen festen Anlaufpunkt für die Patienten gibt.

Vertragsärzte, die in einer Anlaufpraxis im Krankenhaus tätig sind, stehen zum Krankenhaus weder in einem Angestellten- noch in einem Arbeitnehmerverhältnis.

Eine von Vertragsärzten selber geführte Anlaufpraxis ist vertragsrechtlich einer Praxisgemeinschaft ähnlich. Als Rechtsform wird häufig die GbR gewählt. Diese schließt einen Mietvertrag mit dem Krankenhaus ab. Haftungsrechtliche Unterschiede zur Vertragsarztpraxis außerhalb des Krankenhauses existieren nicht.

Eine Anlaufpraxis wird normalerweise über die Einnahmen, die sich aus der Abrechnung mit der KV ergeben, finanziert. Die Abrechnung kann über die eigene Abrechnungsnummer des einzelnen Arztes oder die gemeinsame Nummer der Anlaufpraxis erfolgen. Die gemeinsame Abrechnung kann innerhalb der Anlaufpraxis für eigene Vergütungsmodelle genutzt werden. Ferner kann über eine gemeinsame Betriebsstättennummer gegenüber der KV abgerechnet werden. Das Honorar wird dann auf ein separates Honorarkonto überwiesen und die Mitglieder der Anlaufpraxis nehmen die Verteilung selbst vor. In den Anlaufpraxen hat sich eine pauschalierte Vergütung der Dienste durchgesetzt. In manchen Praxen erhalten Ärzte größere Honoraranteile, wenn sie an Wochenenden oder Feiertagen Dienst tun.

Neben dem vertragsärztlichen Honorar, das den größten Teil der Einnahmen ausmacht, gibt es auch Honorare aus der privatärztlichen Liquidation sowie aus Abrechnungen mit Berufsgenossenschaften.

Investitionen werden – je nach Modell – von den Vertragsärzten oder der KV, zuweilen auch vom Krankenhausträger übernommen. Auch ein Darlehen von der KV ist unter Umständen möglich.

In einer Anlaufpraxis fallen zahlreiche organisatorische Aufgaben wie die Erstellung von Dienstplänen, das Aufstellen eines Haushaltsplans sowie Verhandlungen und Abstimmungen mit dem Krankenhaus und der KV an. Insofern empfiehlt es sich, einen Hauptverantwortlichen zu benennen. Dessen Aufgaben sollten vertraglich festgehalten und entsprechend honoriert werden.

Die Eröffnung einer Anlaufpraxis erfordert keine Genehmigung durch die KV. Für die ordnungsgemäße vertragsärztliche Abrechnung der erbrachten Leistungen ist eine eigene Betriebsstättennummer bei der KV zu beantragen. So können Leistungen, Verordnungen etc. korrekt zugeordnet werden.